Diesen Bericht habe ich für das Magazin von Chrono24 geschrieben:
Ulrich Kriescher
ist Uhrmachermeister und berät als solcher täglich Kunden in
Servicefragen – in
seiner Uhrmacherwerkstatt und auch im TV.
Bei uns widmet er
sich den häufigsten Fragen, die ihm in seinem Berufsalltag
begegnen. In diesem
Artikel geht es um Folgende:
Ist meine Uhr
wirklich wasserdicht?
Und welche
Faktoren beeinflussen die Wasserdichtigkeit einer Uhr?
Seit ca. 45
Jahren ist das Thema wasserdichte Uhren Gegenstand fast jeder
Uhrenwerbung. Die Angabe zur Wasserdichtigkeit mittlerweile ein fester Bestandteil
der technischen
Spezifikationen.
Für einige Marken
ist die Kennzahl so etwas wie ein Aushängeschild für bestimmte
Modelle geworden.
Sie überbieten sich in Katalogen und Anzeigen damit,
wie tief man mit
diesem speziellen Modell tauchen kann.
Was vielen Käufern
dabei jedoch nicht bewusst ist:
Hier ist Vorsicht
geboten. Uhren und Wasserdichtigkeit, dass ist ein ganz spezielles
Thema, mit dem ich
in meiner Tätigkeit als Uhrmacher und Gutachter sehr oft zu
tun habe. Denn
viele Verbraucher glauben, dass Ihre Uhren ein Leben lang wasserdicht
sind. Dem ist
nicht so!
Das beeinflusst die Wasserdichtheit
einer Uhr
Ein Uhrengehäuse
wird aus mehreren Materialien zusammengesetzt, die sich bei
Temperaturschwankungen unterschiedlich stark ausdehnen können. Damit man die
Wasserdichtigkeit trotzdem gewährleisten kann, gibt es spezielle Konstruktionen
mit eingebauten
Dichtungen – diese unterliegen aber einem natürlichen Alterungsprozess.
Wer sich näher mit
diesem Thema auseinandersetzen möchte, der wird in der
Norm DIN 8310
fündig. Darin kann man unter anderem lesen: „(…) nach jedem Stoß,
Kontakt mit Chemikalien
und Wärmebeeinflussung muss die Wasserdichtigkeitinfrage
gestellt werden“.
Das bedeutet zum
Beispiel, dass selbst ein Stoß gegen die Tischkante oder einen
Türrahmen dazu
führen kann, dass die Wasserdichtigkeit nicht mehr gegeben ist.
Auch ein Kontakt
mit Chemikalien ist nicht so unwahrscheinlich wie man denkt.
Hier reicht es
beispielsweise, wenn man sich die Hände mit Seife wäscht und diese in
Kontakt mit der Uhr
kommt.
Selbst in solch
alltäglichen Situationen wie Schwimmen, Springen ins Wasser und Duschen ist
Vorsicht geboten. Hier kann kurzfristig durchaus ein größerer Druck auf die
Dichtelemente entstehen. Besonders gefährdet sind Uhren, wenn man nach
einem Sonnenbad
ins kühle Nass
springt. Aufschlagdruck und Unterdruck durch die Abkühlung addieren sich und
können so leicht zu Schäden führen. Aus genau diesen Gründen ist meine
grundsätzliche
Aussage nach einer
bestandenen Wasserdichtigkeitsprüfung immer:
„Zum Zeitpunkt der
Prüfung wasserdicht“.
Wie äußert sich ein Wasserschaden?
Ob Feuchtigkeit in ein
Uhrengehäuse gelangt ist, kann man leicht erkennen.
Beim Tragen der Uhr
erwärmt sich das Gehäuse. Der kälteste Punkt ist dabei immer
das Uhrenglas. Da
sich Feuchtigkeit immer am kältesten Punkt sammelt, beschlägt das
Uhrenglas, auch
wenn nur ein wenig Feuchtigkeit ins Uhrengehäuse gelangt ist.
Nicht selten
passiert das auch durch Beschädigungen oder Verschleiß in Form von alten
Dichtungen,
defekten Kronen, Drückern oder Gläsern. Ein Fall ist mit hier besonders im
Gedächtnis
geblieben: Eine Rolex GMT Master, die nach einem Bad im Mittelmeer
buchstäblich
„abgesoffen“ ist. Das aggressive Salzwasser hat das komplette Innenleben
zerstört –
inklusive Uhrwerk, Zifferblatt und Zeiger.
Nach dem Öffnen kam
nur noch ein Klumpen Rost zum Vorschein.
Die Kosten des Schadens:
ca. 5000 EUR.
Der Grund für den
Wassereinbruch war eine defekte Glasdichtung.
Die Wasserdichtigkeitsprüfung
Dieses Beispiel aus
dem wahren Leben schmerzt wohl jeden Uhrenenthusiasten
schon bei der
Vorstellung – und zeigt anschaulich, dass Wasserdichtigkeit keine
bleibende
Eigenschaft ist. Sie sollte jährlich und insbesondere vor besonderen
Belastungen
überprüft werden, da die eingebauten Dichtelemente in ihrer Funktion
und im täglichen
Gebrauch nachlassen.
Weitere Tipps rund
um die Wasserdichtigkeit Ihrer Uhr:
Die Krone sollte
immer gedrückt oder verschraubt sein und sollte nicht unter Wasser
oder bei feuchtem
Gehäuse bewegt werden.
Das Gleiche gilt für das Betätigen von Drückern.
Schützen Sie Ihre Uhr vor Stößen, Hitze, starker Hitze in Verbindung mit
schockartiger
Abkühlung,
Chemikalien und mechanischem Abrieb.
Suchen Sie sofort einen Uhrmacher auf, wenn Feuchtigkeit in
Ihre Uhr eingedrungen
sein sollte.
Von Trockenversuchen z. B. auf einem Heizkörper, ist in jedem Fall abzuraten,
weil die eingedrungene Feuchtigkeit nicht oder nur zum Teil aus dem Gehäuse
entweicht.
Nun hoffe ich, dass
dieser Artikel kein Show-Stopper für den kommenden Sommerurlaub ist. Natürlich
können und sollen Sie Ihren Zeitmesser auch in der Freizeit genießen, eben nur
mit ein bisschen
Vorsicht. So haben Sie sicher noch lange Freude daran!